Archivgut Vorlass

Christiane S. NL 289

1932-1997

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: 1932-1997
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>Detmold, Lippe und Orte im Landkreis Görlitz (Zgorzelec/Zhorjelc) in Deutschland u.a. </p>
<p><b>Quellentypen: </b>autobiografische Aufzeichnungen: 1 Text (259 Seiten) mit Tagebucheinträgen als Abschriften; 29 Fotografien</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin: Christiane S.; geb. 1932 in Detmold-Lippe in Deutschland

Übergeberin: Gesine K. (geb. S., Tochter), 2021



Christiane S. ist mit zwei jüngeren Brüdern in Detmold und Lippe in Nordrhein-Westfalen in der BRD aufgewachsen. 1952 bis 1954 studierte sie Lehramt in Celle und Osnabrück, anschließend unterrichtete sie in Lingen im Emsland. 1955 heiratete sie den Pastor Armin S., der kurz darauf in eine sächsische Pfarrgemeinde im Landkreis Görlitz in der DDR versetzt wurde. Nach Ablegung der Staatsexamen Ende 1957 folgte Christiane S. ihrem Ehemann nach Sachsen. Sie wurden Eltern von drei Töchtern und lebten und arbeiteten schließlich über drei Jahrzehnte im selben Ort. Nach der Pensionierung von Armin S. 1988 gingen sie zurück in die BRD.

Der autobiografische Text „Als Pfarrfrau aus dem Westen 30 Jahre in der DDR“ von Christiane S. dokumentiert inbesondere diese genannte Zeit. Die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen erklärt die Autorin folgendermaßen: "Ich werde berichten, was für mich wichtig war in dieser speziellen Situation, so wie ich die Gemeinde, die Kirche und die politischen Verhältnisse erlebt und empfunden habe" (S. 5). Datiert sind die Aufzeichnungen mit 1997.

Das Manuskript (259 Seiten) wurde im Rahmen der geschichtlichen Aufarbeitung der Universität Osnabrück durch ehemalige Studierende zur Verfügung gestellt, wo es ebenfalls archiviert ist, wie Adolf M. als Herausgeber im Vorwort berichtet hat (S. 1).

Der Text ist in eine Einleitung und elf Kapitel gegliedert, enthält ein Literaturverzeichnis sowie 29 Fotografien im Anhang. Die Aufzeichnungen sind teilweise auf Tagebuchnotizen aufgebaut, die in drei Abschnitten auch als Abschriften in den Text aufgenommen worden sind. Dokumentiert ist hier der Zeitraum von Jänner 1958 bis November 1988. Zum Tagebuchschreiben soll Christiane S. der damalige Bischof angeregt haben.

Als Anlass für die autobiografische Darstellung benannte sie ihren Wunsch, dezidiert die Perspektive einer Frau festzuhalten: "Immer wieder bewegte mich die Frage, was uns wohl an Daten und Ereignissen überliefert worden wäre, wenn die Frauen dieser Männer die Chroniken geschrieben hätten. Wie würde zum Beispiel mein 'Jahresbericht' aussehen im Vergleich zu dem, den mein Mann nach einem vorgegebenen Raster zu erstellen hatte?" (S. 3).

Die Erzählung beginnt mit einer 10-seitigen Zusammenfassung von Christiane S.‘ biografischen Stationen vor dem Umzug nach Sachsen. Auf 239 Seiten thematisierte sie dann vorrangig ihre Erfahrungen als Ehefrau eines evangelischen Pfarrers in der DDR. Sie hat hier eine kirchliche Familienberatungsstelle in Görlitz begründet und ist dort als Beraterin in die Erwerbsarbeit zurückgekehrt. Der Fokus im Text liegt – neben der Familie – aber nicht auf dieser Tätigkeit, sondern auf dem Blickwinkel einer "Pfarrersfrau" und ihrer Position innerhalb der kirchlichen Gemeinde, in der viel unbezahlte Arbeit geleistet wurde. Die Beschreibungen sind einerseits Berichte über Ereignisse wie etwa über die Anschaffung eines „Trabis“, andererseits Schilderungen der Positionierung im beruflichen Umfeld des Ehemannes: "Niemand schien zur Kenntnis nehmen zu wollen, dass mit mir eine neue Pfarrfrauengeneration im Pfarrhaus Einzug gehalten hatte. Ich war, soweit ich erfahren konnte, die erste Pfarrfrau in […], die eine abgeschlossene Berufsausbildung hatte und mit der Möglichkeit rechnete, nach der Phase der Kinderaufzucht ins Berufsleben zurückkehren zu können".

Die Dokumentationen des Familienlebens konzentrieren sich (abgesehen von gesundheitlichen Themen) hauptsächlich auf markante Ereignisse in den Biografien des Ehemannes - seine Arbeit und Beförderungen – sowie den schulischen und beruflichen Laufbahnen der Töchter.

Politische Ereignisse werden in den tagebuchartigen Kapiteln immer wieder am Rande erwähnt, im erzählenden Teil ist die Auseinandersetzung mit der DDR eines der zentralen Themen. Christiane S. hat dabei die von ihr wahrgenommenen Einschränkungen als gläubige Christin in der realsozialistischen Staatsorganisation beschrieben, ausführlich wird auch das Spannungsverhältnis zwischen der DDR und der BRD berichtet. Neben Vergleichen ihrer persönlichen Erfahrungen in beiden Gesellschaften werden auch Auseinandersetzung mit westdeutschen Verwandten und Freund:innen geschildert: "Mit dem Hinweis auf unser Eingesperrtsein, den Lügen in unseren Medien, dem Verbot freier Meinungsäußerung, meinen sie, uns über den wahren Zustand der DDR belehren zu müssen."

Der Text ist abgeschlossen von einem 8-seitigen "Rückblick und Resümee", in dem Christiane S. die Lebensentscheidung, als BRD-Bürger:innen die Betreuung einer Pfarre in der DDR anzunehmen, für sich zusammengefasst abwiegt.</p>
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