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Einrichtung: FrauenMediaTurm | Köln
Signatur: Z-Ü107:2005-5-a
Formatangabe: Bericht
Link: Volltext
Verfasst von: Louis, Chantal
In: EMMA
Jahr: 2005
Heft: 5
Beschreibung: Ill.
ISSN: 0721-9741
List of content:
  • "Grüne Tomaten" [Filmtitel]; "Thelma und Louise" [Filmtitel]; "Xena" [Fernsehsendung]
  • Sprache: Nicht einzuordnen
    Beschreibung:
    Eine Heirat der Herzen?

    Ein Gang durch die Geschichte der Frauenfreundschaft: von der romantischen Freundschaft des 19. Jahrhunderts über die klassische Mädchenfreundschaft bis hin zum infernalen Filmduo von heute.
    Ein Freund, ein bester Freund, das ist bekanntlich das Schönste, was es gibt auf der Welt. Tatsächlich: Die Welt ist offenbar voll mit besten Freunden, mit realen oder erfundenen: Goethe & Schiller, Friedrich der Große & Hans Hermann, Winnetou & Old Shatterhand, Asterix & Obelix, Tom Sawyer & Huckleberry Finn, Stan & Ollie. Sie alle gehen gemeinsam durch dick und dünn. Nicht zu vergessen die legendären politischen Männerfreundschaften: Helmut Kohl & Francois Mitterrand, Gerhard Schröder & Joschka Fischer - vermutlich wird diese Männerfreundschaft sogar die Wahlschlappe irgendwie überstehen.

    Allein das Wort klingt hart wie Kruppstahl: Männerfreundschaft. Das Wort "Frauenfreundschaft" hingegen wird eher als Synonym für "Kaffeekränzchen" verstanden. Es klingt nach albernem Gekicher, nach überfüllten Einkaufstüten, nach unwichtigem Gebrabbel über Rezepte und Diäten. Und nach Gezänk natürlich. "Eine Freundin, eine beste Freundin ...", sangen Stefanie Überall und Gerburg Jahnke alias .Missfits' in ihrer weiblichen Version des Schlagers von Willy Fritsch, Heinz Rühmann und Oskar Karlweis mit verächtlicher Miene und kehrten sich dabei den Rücken zu. Frau hatte sich gerade mal wieder gestritten. Das Kabarettistinnen-Duo Queen Bee' hat den Weiberzank gar als Markenzeichen kultiviert und ein ganzes Programm nach ihm benannt: "Freundinnen müsste man sein". Natürlich strafen beide Frauen-Duos im wahren Leben ihr Bühnen-Credo von der Unmöglichkeit von Frauenfreundschaft wg. Zickigkeit und Konkurrenz durch jahrzehntelange friedliche und erfolgreiche Koexistenz Lügen.

    Wie überhaupt der Ruf der Frauenfreundschaft als nicht ernstzunehmende Giggelrunde in krassem Gegensatz zur Realität steht: Laut einer Gewiss-Umfrage würden 92 Prozent aller Frauen lieber auf ihren Mann verzichten als auf ihre beste Freundin. Das ist hart, die Herren. Hart wie Kruppstahl. Trotzdem: Die Frauenfreundschaft als Lebensmodell existiert praktisch nicht. Es gibt sie selten, die Filmtitel, in denen das "&" zwei Frauennamen verbindet. Und wenn doch, dann hat die Sache meist einen Haken. Thelma & Louise zum Beispiel durften zwar gemeinsam ein gefährliches Abenteuer bestehen. Die eine hatte den potenziellen Vergewaltiger der anderen erschossen, die anschließende Flucht wurde zum packenden Roadmovie. Wie die berühmteste Frauenfreundschaft der neueren Kinogeschichte jedoch endet, ist bekannt: im Abgrund. Auch der Freundschaft zwischen Idgie & Ruth war in "Grüne Tomaten" kein Happy End gegönnt. Aber wenigstens starb Ruth nicht zerschmettert in einem Auto, sondern im Bett an Krebs. Trotzdem wurden beide Filme Kult - und sind es bis heute. Die Zuschauerinnen machten es möglich.

    Das war 1991. Der Frauenfreundschafts-Kinoboom schwappte nach Deutschland, doch auch hier durfte die Frauenfreundschaft nicht überleben: So endeten auch die vier "Bandits" (Jasmin Tabatabai, Nicolette Krebitz, Jutta Hoffmann und Katja Riemann), die auf ihrer Flucht aus dem Knast gemeinsam durch dick und dünn gegangen waren, im Kugelhagel. Ganz wie ihre vier schwarzen Bankräuber-Schwestern unter dem Kommando von Queen Latifah in "Set it off".

    Und im neuen Jahrtausend? Da schießen die Fernseh-Freundinnen scharf, aber sie treffen nicht unbedingt das Ziel. "Frauen sind für Freundschaften da, Männer zum Vögeln", verkündet die Girl-Armada aus "Sex and the City", lässt aber bekanntlich ihr gesamtes Leben um letzteres kreisen.

    Es ist wohl kein Zufall, dass der erste Frauenfreundschafts-Hype auf den Leinwänden Anfang der 90er ausbrach. Ab Mitte der 80er - rund zehn Jahre nach Aufbruch der Frauenbewegung - boomte das Thema. Zunächst in den USA und dann auch in Deutschland erschienen eine ganze Reihe Bücher, die sich der Frauenfreundschaft widmeten. Denn natürlich gab es sie, die Briefwechsel zwischen Rahel Varnhagen & Pauline Wiesel, zwischen Virginia Woolf & Vita Sackville-West, zwischen Rosa Luxemburg & Mathilde Jacob. Es gab sie, die engen Freundschaften in den Beginenklöstern oder die "Eheverweigerinnen" in China, die sich bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts zu "verschworenen Schwesternbünden" zusammentaten. "Es existierten verschiedene Formen, in denen sich die verschworenen Schwestern einander an verlobten", schrieb die Amerikanerin und Ex-Nonne Janice Raymond in ihrem Buch ,Frauenfreundschaft - eine Philosophie der Zuneigung' 1986. "Eine allgemein akzeptierte und institutionalisierte Version des verschworenen Schwesternbündnisses war, dass zwei Mädchen oder Frauen gemeinsam den Eid ablegten, nie zu heiraten und einander nie zu verlassen. Häufig hatten diese Mädchen oder Frauen einen großen Teil ihrer Kindheit miteinander verbracht. Verschworene Schwesternbünde beschränkten sich jedoch nicht nur auf Zweierpaare. Oft umfassten sie einen größeren Zusammenschluss vieler Frauen, die einander in Freundschaft zugetan waren und eine organisierte Eheverweigerungsgruppe bildeten."

    Und wer weiß schon, dass eine der bekanntesten Hochzeitsformeln - "Wo du hingehst, da will ich auch hingehen" - von einer Frau zu einer anderen Frau gesprochen wurde? Es war die alttestamentarische Ruth, die dieses Versprechen ihrer Schwiegermutter Naomi gab. Die beiden Witwen lebten verarmt in Bethlehem und Naomi forderte ihre Schwiegertochter auf, sie zu verlassen und ihr Glück in ihrer Heimat Moabit zu suchen. Aber Ruth hält Naomi die Treue.

    "Frauen waren sich beste Freundinnen, Verwandte, verlässliche Gefährtinnen, haben sich wirtschaftlich und emotional unterstützt, waren sich treue Liebende. Diese Tradition weiblicher Freundschaft ist jedoch - wie so vieles im Leben von Frauen - verzerrt, demontiert, zerstört, kurz: verstümmelt worden", klagt Ray-mond.

    Natürlich waren es Feministinnen gewesen, die die verschütteten Briefwechsel zwischen Freundinnen-Paaren wieder ausgruben; die darüber forschten, wann und wo es große Kulturen der Frauenfreundschaft gegeben hatte; und die analysierten, warum man und frau darüber nichts wusste. Und es war nicht zufällig die Zeit der Ersten Frauenbewegung gewesen, in der Frauenfreundschaft von der romantischen Legende zum brisanten Politikum wurde.

    Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts nämlich genossen Freundschaften zwischen Frauen hohes gesellschaftliches Ansehen. Denn inzwischen hatten die von der Aufklärung neu diktierten Geschlechterrollen gegriffen: Hier der "triebhafte" Mann, dort die "heilige" Frau (sofern sie nicht in die Kategorie der Hure geraten war). So wurde die Frauenfreundschaft zum Inbegriff der Reinheit stilisiert. "Als den Frauen der Geschlechtstrieb genommen wurde, wurde ihnen die Liebe zugeteilt. Als ihr wichtigstes Organ galt jetzt das Herz, und ihre wichtigsten Tugenden waren Gefühle, die aus dem Herzen kamen. Ihre Liebe kam allem zugute, was klein und hilflos war: Kindern, Haustieren, Kranken, Armen, Blumen und - Frauen." Deshalb, so stellt Karen Lützen in ihrem Buch "Was das Herz begehrt - Liebe und Freundschaft zwischen Frauen" fest, wurden Frauen geradezu dazu angehalten, solche Beziehungen mit anderen Frauen einzugehen. Ganz im damaligen Zeitgeist schwärmte die amerikanische Autorin Dinah Maria Craik im Jahr 1858 in ihrem Werk, A Woman's Thoughts about Women': "Vermutlich gibt es wenige Frauen, die keine erste Freundschaft erlebt haben, die ebenso schön und fast ebenso leidenschaftlich war wie die erste Liebe. Sie hält vielleicht nicht an, aber solange sie andauert, gehört sie zu den reinsten, selbstvergessensten und selbstlosesten Gefühlen, die ein Menschenherz überhaupt hegen kann."

    Das gesellschaftliche Ideal der weiblichen Begehrlosigkeit erlaubte es Frauen auch, die Beziehungen unter Frauen "für höher zu halten als die geschlechtlichen Beziehungen zu Männern", stellt die dänische Volkskundlerin Lützen fest. "Schließlich schlössen die Beziehungen zwischen Frauen das männliche fleischliche Begehren aus, das nun ganz unten auf der Rangleiter stand."

    In der Praxis dürfte so manche Frauenfreundschaft durchaus nicht frei von Begehren gewesen sein - auch wenn dies theoretisch ausgeschlossen wurde. Zu diesem Schluss kommt auch die Historikerin Lilian Faderman. Für ihr Buch .Köstlicher als die Liebe der Männer' (1981) hat sie Briefe und Spuren von Frauenfreundschaften vom 16. bis 20. Jahrhundert untersucht und entdeckt: "Weil etwa in England im 16. und 17. Jahrhundert der Liebesakt ohne Penis undenkbar war, durften Frauen aufs Sinnlichste miteinander umgehen. Sie selbst sprachen von der Vereinigung ihrer Seelen, von einer Heirat der Herzen." Dass die Vereinigung möglicherweise noch auf anderen als der Herzensebene stattfand, diesen Verdacht legt so mancher Briefwechsel nahe: "Wirst du nächsten Samstag heimkommen und wieder die Meine sein und mich küssen, wie du es zu tun pflegtest?" fragt die englische Dichterin Emily Dickinson ihre geliebte Schwägerin Sue Gilbert. Und Madame de Stael fordert ihre Busenfreundin Juliette Recamier auf: "Mein Engel, sag am Ende deines Briefes zu mir: Ich liebe Dich. Das Gefühl, welches ich bei diesen Worten empfinden werde, wird mich glauben machen, ich drücke dich an mein Herz."

    Das alles war geduldet, solange die wie auch immer ausgestaltete Frauenfreundschaft die gesellschaftliche Vormachtstellung des Mannes nicht in Frage stellte. Dann aber wurden die Männer nervös. Denn mit Beginn der Ersten Frauenbewegung verloren die Frauenbündnisse ihre Harmlosigkeit. Plötzlich drängten die Frauen in Berufe, wollten Juristinnen und Ärztinnen werden, forderten das Wahlrecht und das Recht auf eine selbst bestimmte Sexualität. Und siehe da: Plötzlich galten die weiblichen Verbindungen als Bedrohung, als "entartet", "neurotisch", "infantil", kurzum: als lesbisch.

    Es war im Jahr 1912, als man zum ersten Mal den Versuch unternahm, auch Frauen unter den berühmt-berüchtigten § 175 fallen zu lassen. Der hatte bisher nur die "widernatürliche Unzucht" zwischen Männern bestraft. Nun aber ließ man das Argument, Frauen könnten dieses Delikt gar nicht begehen, da schließlich kein entsprechendes Geschlechtsteil zur Penetration vorhanden sei, nicht mehr länger gelten. Die Gesetzesinitiative, die nur knapp abgelehnt wurde, war eine Reaktion auf Frauenbewegung und Gebärstreik, und sie zielte ins Schwarze: Wäre sie durchgekommen, hätte sie alle Frauenbeziehungen unter Generalverdacht gestellt. Eine Strategie, die rund 60 Jahre später bei der Zweiten Frauenbewegung aufs neue angewendet wurde.

    "Die Verstümmelung von Frauenfreundschaft bedeutet zunächst einmal die Verstümmelung des frauenidentifizierten Selbst", analysiert Janice Raymond. "Das Fehlen von Selbstliebe wurde dem weiblichen Selbst im Patriarchat aufgepfropft. Wenn diese Aufpfropfung gelingt, können Frauen, die sich selbst nicht lieben, auch keine andere, die ihnen gleicht, die, wie sie ist', lieben." Das hatte rund vier Jahrzehnte vor Janice Raymond schon Simone de Beauvoir im ^Anderen Geschlecht' konstatiert. Zwar sei die Beziehung unter Frauen die einzige, in der Frau authentisch sein kann. "Dem Mann gegenüber stellt die Frau immer etwas vor. Sie lügt, indem sie vorgibt, sich als das unwesentliche Andere zu akzeptieren. Sie lügt, indem sie ihn vermittels ihrer Mimik, ihrer Aufmachung, ihrer einstudierten Worte mit einer imaginären Person konfrontiert. Dieses Schauspiel verlangt eine dauernde Anspannung. In Gegenwart des Ehemanns oder des Geliebten denkt jede Frau mehr oder weniger: "Ich bin nicht ich selbst'. Im Zusammensein mit Frau- en befindet die Frau sich hinter der Bühne. Sie poliert ihre Waffen, aber sie kämpft nicht. Sie hält sich in Morgenrock und Hausschuhen hinter den Kulissen auf, ehe sie die Bühne betritt." Aber: Beauvoir erklärt Frauenfreundschaften in einer patriarchalen Gesellschaft zu einer gleichberechtigten, aber immanenten Beziehung. Zu einer Beziehung zwischen "relativen Wesen": "Frauen fühlen sich spontaner miteinander solidarisch als Männer, aber aus dieser Solidarität heraus überschreitet sich nicht jede auf die andere hin. Vielmehr sind sie gemeinsam auf die Welt der Männer ausgerichtet. Gemeinsam rächen sie sich an ihm, stellen ihm Fallen, verfluchen und beschimpfen ihn. Aber sie warten auf ihn. Die Frauen sind einander gute Gefährtinnen in der Gefangenschaft. Sie helfen sich, das Gefängnis zu ertragen."

    Die Frauenfreundschaft also nicht als Sand, sondern als Schmierstoff im Patriar-chats-Getriebe? Ja, oft genug sei die Frauenbeziehung der "Kitt, der die Ehe zusammenhält", fanden auch die Psychologinnen Michaela Huber und Inge Reh-ling 1989. Ihre These: Was dem Mann die Geliebte, ist der Frau die beste Freundin. Will heißen: Aufgrund des Geschlechter-Dualismus unserer Gesellschaft können Frau und Mann jeweils nur die Hälfte ihrer Bedürfnisse in ihrer Beziehung befriedigen. So holt sich der Mann außerhalb das Element, das ihm in der Ehe fehlt, nämlich Sex nicht nur mit der "Heiligen" (Ehefrau und Mutter), sondern auch mit der "Hure" (der Geliebten). Die Frau befriedigt ihren Wunsch nach Vertrautheit, Austausch und Nähe ebenfalls mit anderen Frauen: der besten Freundin. Eine Art Outsourcing, das es Frauen möglich macht, das Gefühls-Defizit in der Mann-Frau-Beziehung überhaupt auszuhalten.

    Was aber, wenn der Beziehungs-Partner eine Partnerin ist? Nicht selten spielt die Lebensgefährtin dann eine Doppelrolle: die der Partnerin und die der besten Freundin. Ein Beziehungsmodell, das einerseits mehr Ganzheitlichkeit verspricht - und das andererseits schon des Öfteren unter der Last von Überfrachtung und Symbiose zusammengebrochen ist.

    In heterosexuellen Beziehungen ist es aber manchmal just die beste Freundin, die eine Handvoll Sand ins Ehe-Getriebe wirft, schreiben Huber und Rehling: "Ein wesentliches Moment von Frauenfreundschaften ist, sich in der jeweiligen Lebenssituation - und auch in der notwendigen Veränderung - zu unterstützen. Wenn eine Frau also schwankend ist, ob sie ihren Partner möglicherweise verlassen soll, kann es durchaus sein, dass die Freundin sie darin bestärkt und ihre Entwicklung in diese Richtung unterstützt. Kein Wunder also, dass manche Männer die Freundin ihrer Partnerin lieber von hinten sehen."

    Doch trotz dieser existenziellen Bedeutung fällt es Frauen nicht leicht, die Beziehungen zu anderen Frauen als vollwertig anzusehen. "Dein ist mein halbes Herz" haben Huber und Rehling ihr Werk, für das sie Interviews mit 60 Frauen führten, programmatisch genannt. Denn: "Halbherzig ist sie oft tatsächlich, die Liebe der Frauen zu ihrer "besten Freundin". Diese "andere" Beziehung erhält im Bewusstsein der Frauen nie den Stellenwert der .eigentlichen' Beziehung."

    Warum das so ist? Psychoanalytikerin Huber erklärt es mit den Machtverhältnissen der Männergesellschaft. Konkret: Die Mütter sind schuld. "Beschreib mir deine Mutter und ich sage dir, wie du mit deiner Freundin umgehst", fordert Huber. Für sie ist die Mutter die erste Freundin im Leben eines Mädchens. Mutter und Tochter sind zärtliche Vertraute, nicht selten verschworen gegen den (meist abwesenden) Vater. Aber: Die Frauensolidarität findet ein jähes Ende, sobald sich die Mutter entscheiden muss. Denn für sie, die ökonomisch und emotional von ihrem Mann abhängig ist, ist und bleibt er die wichtigste Person. Hier findet, so Huber, der erste Verrat einer Freundschaft zwischen Frauen statt.

    Diese Konstellation wiederholt sich später mit der "Pubertätsfreundin". Die engste Vertraute und Verbündete verlässt das Mädchen, um sich der "eigentlichen" Beziehung zuzuwenden: der "großen Liebe" - zu einem Mann. Diesen schmerzhaften Bruch muss das Mädchen als natürlich annehmen. "Die gesellschaftliche Norm und Erwartung ist verbunden mit der moralischen Rechtfertigung, ja Aufforderung, die Freundin zu verlassen. Es ist in Ordnung, wenn deine Freundin dich verlässt, um mit einem Mann zu schmusen, ins Bett zu gehen, jeden Abend zusammen zu sein, in Urlaub zu fahren - kurz: das meiste von den Dingen zu machen, die vorher ihr beide zusammen getan habt heißt es. Die eigene Wahrnehmung: "Ich werde von ihr im Stich gelassen" muss eine nach gängigen Normen "gesunde" Frau also beiseite schieben und schnell kompensieren - am besten damit, dass sie sich selbst einen festen Freund anschafft. Das ist jetzt das zweite Mal im Leben einer jungen Frau, dass sie von einer Frau verraten wurde."

    Aber es sieht ganz so aus, als sei der Trend des Freundinnenverrats rückläufig. Vielleicht können Frauen ihre Freundschaften in Zeiten, in denen sie wirtschaftlich immer unabhängiger werden, in denen Mariele Millowitsch in "Girlfriends" im ZDF wöchentlich ihre Frauenfreundschaft pflegen darf, zunehmend mit ganzem Herzen leben. Die Gewis-Umfrage aus dem Jahr 2003 scheint das jedenfalls zu bestätigen.

    Die Welt ist voller bester Freundinnen: Rahel Varnhagen & Pauline Wiesel, Ka-roline von Günderode & Bettina von Brentano, Eleanor Roosevelt & Lorena Hickock, Xena & Gabrielle, Heidi & Clara. 92 Prozent aller Frauen wissen das.

    Chantal Louis

    Zum Weiterlesen: Janice Raymond: Frauenfreundschaft - Philosophie der Zuneigung (Frauenoffensive), Karin Lützen: Was das Herz begehrt (Kabel), Lillian Faderman: Köstlicher als die Liebe der Männer (Eco), Michaela Huber/Inge Reh-ling: Dein ist mein halbes Herz (Fischer), Luise Eichenbaum/Susie Orbach: Bitter und süß - Frauenfeindschaft-Frauenfreundschaft (Econ), Verena Käst: Die beste Freundin (dtv).
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