Archivgut Nachlass

Maria E. NL 281 I

Juli 1902 bis August 1966

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: Juli 1902 bis August 1966
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>Wolfsberg in Kärnten, Admont, Graz, Hohentauern, Judenburg, Leoben, Liezen, Neumarkt, Obdach, Öblarn, Schladming, Seckau, Södingberg, Teufenbach, Trofaiach und andere Orte in der Steiermark; Orte an der Front/Kriegsschauplätze im 1. Weltkrieg: Budapest (Buda/Ofen/Újlak/Neustift) in Ungarn u.a.; Orte an der Front/Kriegsschauplätze im 2. Weltkrieg: Sonthofen in Deutschland, Löwenberg (Lwówek Śląski) in Polen, Freiheitsau (H; áj ve Slezsku) in Tschechien u.a.</p>
<p><b>Quellentypen: </b>Tagebuch (Unterrichtstagebuch, tagebuchähnliche Aufzeichnungen, Männertagebuch): 1 Band; Korrespondenz (Familienkorrespondenz, Paarkorrespondenz, amtliche Korrespondenz, Feldpost aus dem 1. Weltkrieg, Feldpost aus dem 2. Weltkrieg, Post aus Internierungslagern nach dem 2. Weltkrieg): 122 Schreiben; 40 amtliche Dokumente; 21 Fotografien; Weiteres: Partezettel</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin: Maria E. (geb. G.); geb. 1883 in Trofaiach in der Steiermark, gest. 1969 in Schladming in der Steiermark

Schreiber: August E.; geb. 1924 in Hohentauern in der Steiermark, gest. 1945 in Freiheitsau (Háj ve Slezsku) in Tschechien

Übergeberin: Mag.a Margarita E. (Enkeltochter von Maria E.), 2014



Der schriftliche Nachlass der Obersteirerin Maria E. (geb. G.) enthält insgesamt eine Sammlung von 36 amtlichen Dokumenten und Ausweisen (teilweise in Neuausstellungen) von verschiedenen Familienmitgliedern, 53 Korrespondenzstücke sowie 12 Fotografien. 4 davon sind gerahmte Portraitfotografien von Maria E. aus den 1900er- bis 1960er-Jahren.

Maria E. ist in Trofaiach in der Steiermark aufgewachsen. Ihre Eltern Anna G. (geb. S., 1854-1929) und Karl G. (1846-1905) betrieben hier eine Mühle und Bäckerei. Als junge Frau arbeitete Maria E. als Dienstmädchen und Köchin in Graz. Hier wurde sie 1905 Mutter ihrer Tochter Margarethe S. (geb. G.). Der Vater des Kindes war der Familienerzählung nach ein Kammersänger.

Aus der Zeit von 1902 bis 1905 liegen 8 Briefe vor, die Maria E. von ihrem Vater Karl G. erhalten hat. Er antwortete darin auf ihre Geldsendungen an die Familie und berichtete von ihrer kleinen Tochter, die von den Großeltern betreut wurde: „Ich bestätige hiermit dankend den Empfang von 10 K. welche ich am 5. d. M. von der Post erhalten habe. Dein Greterl ist Gesund u. auch recht braf, nur will sie, wen sie Munter ist das Jemand mit ihr blaudiert, sonst schreit sie“ (8. Juli 1905).

1910 heiratete Maria E. den Grazer Immobilienmakler Johann S. (geb. 1866). Er war verwitwet und seinerseits Vater von zwei Kindern, das Paar hatte die gemeinsame Tochter Emilie S.. Eine aus 1911 erhaltene Fotopostkarte von Maria E. ist an ihre zwei Mädchen adressiert: „Liebe Kinderlein! Viele Bußerl schickt Euch die Mama. Seid nur sehr brav“ (11. Juli 1911).

Nach dem Tod von Johann S. lernte Maria E. den Soldaten Andreas E. (1886-1959) kennen. Er war als Sohn von Gastwirtschafts- und Sägewerksbesitzer:innen in Oberzeiring im Murtal aufgewachsen. 1916 und 1918 kamen ihre beiden Töchter Gertrude und Ida E. zur Welt.

Von Andreas E.s Militärzeit sind zwei Korrespondenzstücke von seiner damaligen Freundin „Gisa“ aus 1910 und 1912 vorhanden. Diese enthalten u.a. Wünsche für seine mögliche Einberufung: „Sollte deine Einberufung nicht erfolgen, dann vergiß bitte was ich in diesen Brief geschrieben, meine Worte gelten dem vielleicht für immer scheidenden Soldaten“ (6. Dezember 1912). Aus der Zeit des Ersten Weltkriegs sind zwei Feldpostschreiben von Andreas E. an seinen Bruder aus 1914 und 1917, einzelne Fotografien in Uniform und in Tracht sowie das signierte Atelierportrait seiner Mutter Ida E. (geb. T., 1861-1940) aus 1917 aufbewahrt worden.

1919 heirateten Maria und Andreas E.. 1920 übersiedelten sie nach Hieflau und dann nach Hohentauern in der Obersteiermark wo jeweils ihre weiteren Kinder Gerlinde E. (1920-2006) und August E. (1924-1945) zur Welt kamen. Eine gerahmte Fotografie aus den 1920er-Jahren zeigt die nun drei kleinen E.-Schwestern in Sonntagskleidern im Garten.

Maria E. betrieb eine Gastwirtschaft, ihr Ehemann war als Holzhändler tätig. 1933 wurde er Mitglied der NSDAP, 1937 Ortsgruppenleiter und ab 1938 Bürgermeister von Hohentauern.

Die Zeit des Zweiten Weltkrieges und die Nachkriegszeit sind im Nachlass insbesondere anhand von Korrespondenzen belegt: Von Maria E. sind 9 Schreiben erhalten, die sie zwischen November 1939 und August 1956 an die Tochter Gerlinde E. geschrieben hat. Das Mädchen besuchte seit 1931 die Hauptschule in Graz, wo sie bei Verwandten ihre „Kost und Logis“ als Kindermädchen verdiente. 1937 und 1938 arbeitete sie als „Haustochter“ in Berlin, ab 1941 besuchte sie eine Lehrerinnenausbildung in der Steiermark. In den Briefen berichtete ihre Mutter aus dem Familienalltag in der Obersteiermark: „Ich bin nun immer schwer beschäftigt. […] Jetzt habe ich auch zuhause einen kleinen Garten und so bricht die Arbeit nicht mehr ab. Sonntag war ich wieder bei Gustl, von Sonntag auf Montag bei Trude. Gustl hat sich schon eingelebt […] Hoffentlich kommt er nicht all zu schnell an die Front. Er selbst freut sich ja darauf. Weil er es eben nicht versteht“ (14. Juni 1942). Der hier angesprochene Sohn August E. war als angehender Förster gerade in den Kriegsdienst eingezogen worden.

Andreas E. war als ehemaliger NS-Funktionär ab Oktober 1945 im britischen Internierungslager Wolfsberg in Kärnten inhaftiert. Im November 1946 und im Dezember 1947 wurde er angeklagt und zu einer Haftstrafe verurteilt, 1948 bedingt entlassen. Die Zeit seiner Haft ist anhand verschiedener amtlicher Dokumente und in einzelnen Briefen der insgesamt 32 zwischen 1940 und 1956 wiederum an die Tochter Gerlinde E. gerichteten Korrespondenz belegt.

Maria und Andreas E. lebten seit den späten 1940er-Jahren in Haus im Ennstal. 1956 bezogen sie hier eine Gemeindewohnung. Ihre schriftliche Hinterlassenschaft wurde mit Kontextinformationen von ihrer Enkeltochter Mag.a Margarita E. an die Sammlung Frauennachlässe übergeben.

Zugeordnet werden kann hier auch der Nachlass ihres Sohnes August E.. Dieser enthält insgesamt eine Sammlung von 4 amtlichen Dokumenten (teilweise in Neuausstellungen), 96 Korrespondenzstücke, 9 Fotografien sowie Tagebuchaufzeichnungen.

August E. besuchte als Jugendlicher eine Schule in Graz, wovon ein Brief aus März 1939 an die Eltern erhalten ist, in dem neben Geldsendungen vor allem das Besorgen seiner Wäsche organisiert wird. Auch die Korrespondenz mit seiner Schwester Gerlinde E. enthält einzelne ab 1939 von August E. verfasste Schreiben.

Seine Ausbildung zum Förster in der Gutsverwaltung Colloredo-Mannsfeld in Öblarn ist anhand eines von Juli 1940 bis Mai 1941 geführten „Tagebuches“ dokumentiert. Das (vermutlich) als Studienunterlage täglich geführte großformatige Buch ist auf zirka 100 Seiten halbvoll beschrieben. Es dokumentiert detailliert den Lernstoff und die Tätigkeiten in der Ausbildung wie etwa die verwendeten Werkzeuge und auch Fachbegriffe: „Ich arbeitete in der Forstkanzlei. Am Nachmittag lernte ich von Herrn Forsting. Jäger-Latein und zwar. Die Füße des Rot-Reh-Gamswild heißen Läufe, die Ohren desselben Lauscher auch Loser“ (15. August 1940). Informationen zum Wald oder den Wildtieren sind auch mit Skizzen etwa von deren Fraß- und Fußspuren festgehalten worden. Daneben finden sich in den Aufzeichnungen vereinzelt auch Berichte über die Freizeitaktivitäten des Burschen: „Frei! Ich fuhr Sonntag vormittag mit meinen Freunden nach Goisern!“ (28. Juli 1940).

Die 9 Fotografien von August E. aus den 1930er- und 1940er-Jahren sind Portraitbilder, auf denen er u.a. mit einem Hund sowie in „Hitlerjugend“- und „Wehrmachts“-Uniform abgebildet ist.

1942 wurde August E. in den Kriegsdienst eingezogen, ab Juli 1942 war in einem „Gebirgsjägerregiment“ an der „Ostfront“ stationiert. Von seiner Feldpost sind insgesamt 54 Schreiben an die Eltern (Februar 1942 bis April 1945) und zirka 35 Schreiben an die Schwester Gerlinde E. erhalten. Dokumentiert sind darin u.a. auch der Aufenthalt in einem Lazarett in Löwenberg (Lwówek Śląski) in Polen wegen einer Blinddarmoperation und der anschlie
ßende Erholungsaufenthalt bei Sonthofen im Oberallgäu: „Ich weiß nicht wie ich mir die Zeit vertreiben soll, nun will ich Euch halt gleich wieder ein paar Zeilen schreiben […] Ich habe schon wieder sehr großen Appetit und finde auch daß es nicht gut ist im 5. Kriegsjahr solche Eßlust zu haben, zumindest in der Heimat nicht“ (19. Jänner 1944). In dem letzten von August E. erhaltenen zensurierten Brief an die Eltern vom 6. April 1945 zeigte sich der 23-Jährige besorgt um den Verbleib seiner Familie in der Steiermark, weil seiner Information nach die sowjetische Armee bereits bis Niederösterreich vorgerückt war. Am 23. April 1945 wurde er bei Kampfhandlungen in Freiheitsau (Háj ve Slezsku) getötet.

Die konkreten Umstände des Todes von August E. hat ein Soldat aus seiner Kompagnie 1948 in einem Brief erläutert, der als Beleg für die „Kriegsopferversorgung“ verwendet wurde. Weitere amtliche Dokumente sind sein Geburts- und Taufschein als Neuausstellungen aus 1939 und 1951, ein undatierter „Ahnenpass“ und die Todeserklärung aus 1951.

Kontextinformationen zu August E. wurden von seiner Nichte Mag.a Margarita E. zusammengestellt.</p>
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