Archivgut Sammlung

Fritzi L. NL 111

1907 bis 1964

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: 1907 bis 1964
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>Wien; Paris in Frankreich; Milano (Mailand), Meran (Merano) und andere Orte in Italien; Montreal in Kanada; Basel, Brissago, Lausanne und andere Orte in der Schweiz; Chicago in den USA; Kriegsschauplätze im 2. Weltkrieg: Opole Lubelskie in Polen u.a.</p>
<p><b>Quellentypen: </b>144 Fotografien; Weiteres: 130 verschiedene Bilder: Kunstdrucke u.a. (in 3 Fotoalben); Erweiterungen: amtliche Dokumente, Korrespondenzstücke, Fotografien</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin: Fritzi L.; 1910-1994, geb. und gest. in Wien

Übergeberin: Andrea S. (Zufallsfund), 2008



Fritzi (Friederike) L. wurde 1910 in Wien geboren. Ihre Mutter Josefa L. (geb. C., 1873-1951) führte den Familienhaushalt, ihr Vater Nathan L. (1873-1929) war Malermeister und später Kaufmann. In den 1920er- und 1930er-Jahren war Fritzi L. als Schwimmerin Mitglied des jüdischen Sportvereins SC Hakoah Wien, für den sie zahlreiche sportliche Erfolge erzielte, u.a. nahm sie bei den Europameisterschaften 1927 in Bologna und 1930 in Paris teil.

Im Juni 1939 flüchtete sie nach Milano (Mailand), wo sie bis zum Frühjahr 1944 mit gefälschten Papieren lebte. Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht im September 1943 tauchte sie als „U-Boot“ unter. Als ihre auch in Mailand lebendende Schwester Anna U. (geb. L.) im März 1944 von der Gestapo verhaftet und in der Folge in das KZ Auschwitz (Oswiecim) deportiert wurde, entschied sich Fritzi L. zur Flucht in die Schweiz. 1947 emigrierte sie nach Australien. Zwei Jahre später kehrte sie aus der Emigration nach Wien zurück, wo sie als Sekretärin arbeitete und sich im wiedererrichteten Vereins SC Hakoah engagierte.

Der von ihr 2008 übernommene Teilnachlass umfasst drei Fotoalben, die von der Übergeberin Mitte der 1990er-Jahre auf einem Wiener Flohmarkt gefunden wurden. In allen Alben fehlen zahlreiche Fotografien, viele der Bilder sind nur eingelegt. Wer die fehlenden Fotografien wann entnommen hat, ist nicht rekonstruierbar.

Das erste Album ist mir rotem Stoff bezogen, der Metallbeschlag trägt die Gravur „Mucki 3.IX. 1929“. Es enthält mit 54 Fotografien hauptsächlich Familienporträts (1907 bis 1959) und ist nur gut zur Hälfte verwendet worden. Aufgenommen wurden sie u.a. in Wien, Milano (Mailand) und Meran (Merano), London, im Ghetto Opole Lubelskie im "Generalgouvernement" (Polen), wohin Fritzi L. Schwester Olga H. (geb. L., geschiedene O.) mit ihren Töchtern Herta, Ditta und Mirli O. im Februar 1941 von Wien deportiert wurde, sowie in Kanada, wo Fritzi L. Bruder Alfred und ihre Nichten Elfi, Hansi und Lilly L. lebten. Zahlreiche der Fotografien tragen rückseitig Widmungen, die darauf abgebildeten Personen wurden teilweise nachträglich mit Kugelschreiber benannt. Bei mehreren von ihnen finden sich die Verweise über Deportation und Ermordung im Holocaust, darunter bei Fritzi L. Schwestern Anna U. (geb. L.), Mina T. (geb. L.) mit ihrer Tochter Eri T. und Olga H. mit ihren drei Töchtern. Entsprechend der offenbar ursprünglichen Beschriftungen mit weißem Stift dürften in dem Album auch die Drucke von Kunstwerken eingeklebt gewesen sein.

Das zweite Album ist auf der ersten Innenseite mit „Paris 1930 und 1931“ beschriftet. Das Deckblatt ist mit einer Collage aus Zeitschriftenausschnitten gestaltet. Es handelt sich dabei um eine Reisedokumentation mit 56 Fotografien von Sehenswürdigkeiten sowie 34 eingeklebten Bildern und Bildcollagen (Postkarten, Kunstdrucke, Eintrittskarten etc.).

Das dritte Album enthält Bilder und Dokumente von Fritzi L. Flucht und Aufenthalt in der Schweiz, u.a. in Flüchtlingslagern in Brissago und Lausanne. Die Dokumentation enthält neben 34 Fotografien ca. 100 weitere verschiedene Bilder (Postkarten, Kunstdrucke, Landkarten, Prospekte, Fahrkarten, Briefmarken etc.), die zwischen 1944 und 1964 datiert und – wie auch das Deckblatt – großteils als Collagen gestaltet sind. Die Fotografien sind überwiegend mit Kugelschreiber beschriftet. Am inneren Deckblatt ist ein Ausschnitt aus der Zeitschrift der Schweizerischen Kreisleitung des Makkabiweltverbandes und der Jüdischen Turnvereine Basel von Juli 1944 eingeklebt. Markiert ist die Passage: „Wie der Schweizer Kreisleitung des Makkabi-Weltverbandes soeben mitgeteilt wurde, befindet sich die ehemalige Meisterschwimmerin der Wiener Hakoah, Frau Fritzi L. – aus Italien kommend in einem Tessiner Flüchtlingslager. H.B.“



Der Bestand wurde 2015 durch umfangreiche Sammlungen von Korrespondenzen, amtlichen Dokumenten, Fotografien u.a. erweitert. Diese Schriftstücke hat die Historikerin Vida Bakondy im Rahmen ihres Dissatationsprojekts "Montagen der Vergangenheit" recherchiert und dann der Sammlung Frauennachlässe übergeben. Diese sind unter der Bezeichnung "Teilnachlass Schweden" achriviert. Dieser Teilbestand ist in Bearbeitung.</p>
Anmerkung:
Aus Datenschutzgründen werden in diesem Online-Verzeichnis alle Nachnamen abgekürzt angegeben. Die mit den Übergeber/innen der Bestände jeweils vertraglich vereinbarte Verwendung der Namen ist bei der Recherche vor Ort abzuklären.
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Standort

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Universitätsring 1
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Öffnungszeiten
Die Benutzung der Bestände erfolgt nach vorangegangener Terminvereinbarung und Vorlage des Forschungsvorhabens.
Benutzungszeiten, für die ein Termin vereinbart werden kann, sind Mi & Do 11.00 - 17.00 Uhr bzw. auf Anfrage (per Mail oder telefonisch).
Die erste Sichtung der Quellen erfolgt in den Räumlichkeiten der Sammlung Frauennachlässe. Für die spätere Bearbeitung ist eine Aufstellung der Materialien in der Fachbibliothek für Geschichte möglich.

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