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Unsere Schwestern von gestern: Olympe de Gouges 1748 - 1793

Verfasst von: EMMA
in: EMMA
1977 , Heft: 7 , 36 S.

Weitere Informationen

Einrichtung: FrauenMediaTurm | Köln
Signatur: Z-Ü107:1977-7-a
Formatangabe: Porträt
Link: Volltext
Verfasst von: EMMA
In: EMMA
Jahr: 1977
Heft: 7
ISSN: 0721-9741
Sprache: Nicht einzuordnen
Beschreibung:
Hat die Frau das Recht, das Schaffott zu besteigen, so muß sie auch das Recht haben, die Tribüne zu besteigen! - Dieser inzwischen historische Satz stammt von Olymp de Gouges. Ihr eigenes Leben wurde zur tragischen Antwort darauf: Weil sie sich und anderen Frauen das Recht auf die Tribüne erkämpft hatte, endete sie auf dem Schaffott, geköpft von den Söhnen der bürgerlichen Revolution. Olympe de Gouges Fehler war, die in der französischen Revolution erkämpften neuen Rechte beim Wort zu nehmen. Der "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" wollte sie die Schwesterlichkeit zufügen - sie zahlte es mit ihrem Leben. In ihrer 1792 veröffentlichten "Deklaration der Rechte der Frau und Bürgerin" - ein Text, der in der Geschichte der Frauenbewegung immer wieder aufgegriffen wurde, dessen Wortlaut heute jedoch noch nicht einmal in Bibliotheken zu finden ist und darum hier ganz veröffentlicht wird - erklärte sie: "Die Frau ist frei geboren und bleibt darum dem Manne gleich in allen Rechten!" Doch da hatte sie ihre Rechnung ohne die Männer gemacht. Nachdem tausende von Frauen mit der Waffe in der Hand die Revolution mit erkämpft hatten - ganze Frauenbataillone zogen auf die Barrikaden! - wurden sie von den Männern, die ja die ökonomische und politische Macht fest in den Händen hielten, zurück an den Herd geschickt. Von Olymp de Gouges Privatleben und ihrer persönlichen Motivation ist nur weniges überliefert. Fest steht, daß sie, als sie nach Paris kam, zunächst dem Kreis um Condorcet nahestand und selbst Theaterstücke schrieb. Sehr bald wurde sie auch politisch tätig. In der Flugschrift "Menschliche und patriotische Reflexionen" schildert sie das Elend des Volkes.

Sie gehörte zu denen, die hofften, die Revolution könne unblutig gelöst werden. Während des Umsturzes wurde ihr und anderen Frauen bald klar, daß die Interessen der männlichen Revolutionäre nicht immer mit den Interessen der Frauen identisch waren.

In dieser Zeit waren besonderes Elend und Abhängigkeit der Frauen groß. Aus den Handwerkszünften zum Beispiel waren sie kategorisch ausgeschlossen. Zehntausende waren zur Prostitution gezwungen. Zunächst im Zuge der revolutionären Umwälzungen gewährte Rechte wurden sehr rasch wieder zurückgenommen. Es war zwar in revolutionären Kreisen selbstverständlich, für die Freilassung von Sklaven und Leibeigenen zu plädieren, an die Befreiung der Frauen aber dachte niemand. Da begannen die Frauen, an sich selbst zu denken. Olymp Marie Gouges plädierte leidenschaftlich: "Ist es nicht Zeit, daß auch unter uns Frauen eine Revolution beginnt? Sollen wir immer vereinzelt sein? Werden wir nie an der Gestaltung der Gesellschaft tätigen Anteil nehmen?" So wurde sie, schreibt Lily Braun (aktiv in der ersten deutschen Frauenbewegung) in ihrem Buch "Die Frauenfrage", "die erste Organisatorin und Agitatorin der Frauenbewegung".

Ihre 1792 veröffentlichte "Deklaration der Rechte der Frau und Bürgerin" löste stürmische Reaktionen aus. Zahlreiche Schriften dafür und dagegen erschienen. Die Nationalversammlung wurde mit Petitionen von Frauen bestürmt, die die politische und soziale Gleichstellung forderten. Sie schrieben unter anderem: "Ihr habt die Privilegien der Aristokratie abgeschafft, beseitigt nun auch die des männlichen Geschlechts!" Oder: "Das Volk erhält seine Rechte, warum bekommen nicht auch die Frauen die ihren?!" Olymp Marie Gouges hielt nun den Augenblick für gekommen, die vereinzelten Kämpferinnen zusammenzuschließen. Sie gründete die ersten politischen Frauenvereine.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Der Konvent, ausschließlich mit Männern besetzt, holte unter dem frauenfeindlichen Robespierre zum vernichtenden Schlag gegen die sich formierende Frauenbewegung aus: Im Oktober 1793 beschloß er die Auflösung aller Frauenvereine, verschrien als die "radikalsten Orte des revolutionären Chaos" . . . Frauen, die sich zu mehr als fünf versammelten, wurden ins Gefängnis geworfen! Doch die Frauen hatten schon zuviel nachgedacht und zu tapfer gekämpft, um das einfach hinzunehmen. "In einer stürmischen Versammlung protestierten die Frauen dagegen, und eine Deputation von ihnen erzwang sich den Eintritt in den Sitzungssaal der Kommune, um hier persönlich für die Anullierung des Beschlusses einzutreten", schreibt Lily Braun. Und weiter: "Sie kamen jedoch nicht zu Wort und mußten schließlich der Gewalt weichen."

Einen Monat später nahm Robespierre den Protest Olymp Marie Gouges gegen die Folterung politischer Gefangener zum Vorwand, die Anführerin der Frauenbewegung unter der Anschuldigung der "Königstreue" hinrichten zu lassen. Sie starb am 3. November 1793 unter der Guillotine.
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