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Meine Frauenkirche ...

Verfasst von: Sorge, Elga
in: EMMA
1990 , Heft: 8 , 52 S.

Weitere Informationen

Einrichtung: FrauenMediaTurm | Köln
Signatur: Z-Ü107:1990-8-a
Formatangabe: Bericht
Link: Volltext
Verfasst von: Sorge, Elga
In: EMMA
Jahr: 1990
Heft: 8
ISSN: 0721-9741
Sprache: Nicht einzuordnen
Beschreibung:
MEINE FRAUENKIRCHE...
(EMMA 8/1990, S. 52)

steht denen offen, die sich nicht aufs Jenseits vertrösten lassen wollen. Damit wirbt die feministische Theologin Elga Sorge in einer Zeit, in der die meisten aktiven Frauen mit Kirche nicht mehr viel zu tun haben wollen. Geht eher ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass Patriarchinnen in die Frauenkiche kommen? Wir in der Frauenkirche glauben das nicht. Wir wissen, dass alle Frauen und Männer das ewige Leben in Hülle und Fülle hier und jetzt leben wollen, statt sich auf das Jenseits vertrösten zu lassen. Auch will niemand freiwillig unter den Gesetzen des HERRN und der Herren dahindarben, die mit der Macht der Liebe-zugunsten, .höherer Zwecke" - Schindluder treiben. Irdische Gerechtigkeit und Glückseligkeit, die allein im Reich der Liebesgöttin und ihres Gottes zu finden sind, werden allzu lange schon mit Füßen getreten. Daher steht im Manifest der FRAUENKIRCHE: , "Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist, die LIEBE sei die größte von allen Erscheinungen des Glaubens und höher als alle Vernunft, aber Macht sei allein Besitz des HERRN und der Herren. Wir aber sagen Euch, die Liebe ist die einzige Macht, die es wirklich gibt, und sie befindet sich nicht in den Händen von Herren, sondern in Euch, sie ist Euer Wesen und mächtig mitten unter uns, wenn wir uns einander öffnen."

,, Aber wozu brauchen wir eine Frauenkirche?", werde ich immer wieder gefragt, "wir haben doch schon eine". Dem kann ich nur zustimmen. Im Christentum haben wir sogar zwei, eine evangelische und eine katholische - und die schon seit 2000 Jahren. Die etablierten Kirchen werden ja tatsächlich fast ausschließlich von Frauen getragen, besucht und belebt, von Männern lediglich beherrscht.

Wenn nur einmal alle Frauen in der Kirche streiken würden (welch eine Offenbarung!), blieben die Kirchen leer. Die Herren der Schöpfung könnten sich dann nur noch gegenseitig erzählen, wie unbedingt nötig es sei, sich ungerechten und angsterregenden Gesetzen des HERRN und seiner Priester zu fügen. Warum haben wir Frauen uns so lange mit einer , .Frauenkirche" begnügt, in der Gott nichts als dreifaltiger VATER-SOHN-GROSSVATER sein darf? Einer Kirche, in der nur Männer bestimmen, welche religiösen Texte überliefert werden, wie diese zu interpretieren seien und was der rechte Glaube sei - nämlich jener, der nur die Männer bevorzugt und Frauen ebenso verachtet wie die Mutter (Göttin) Erde. Wie ist es möglich, dass Frauen (sogar Feministinnen!) diese Kirche, so wie sie ist, passiv oder aktiv gläubig unterstützen, statt sich aus ihr zu befreien und sowohl innerhalb wie außerhalb der etablierten Kirchen eine eigene lebenliebende Religion und FRAUENKIRCHE zu gestalten?

Das Manifest der FRAUENKIRCHE möchte alle ermutigen, die Strafe Gottes zu beenden, die da lautet, Frauen hätten schweigend für den Mann und seine Welt dazusein. , ,Wir aber sagen Dir, Du bist eine freie Frau aller Dinge und selbst verantwortlich für die Erschaffung der Welt, die Gestaltung einer vom Eros getragenen, gerechten, bezaubernden Religion und Kultur" - so das Manifest der FRAUENKIRCHE.

Das Interesse für die FRAUENKIRCHE ist groß: Täglich quillt der Briefkasten über, ich werde eingeladen an Universitäten, Frauenzentren, Theolo-ginnenkonvente.
Elga Sorge:

Wer mehr über diese FRAUEN KIRCHE/ HEXENKIRCHE e.V. wissen oder ihr beitreten möchte, wer selber eine FRAUENKIRCHEN-Gruppe gründen oder an Ritual-, Mal-, Theater oder Musikworkshops teilnehmen will, wer sich von der FRAUENKIRCHE trauen oder taufen lassen will, kann das Informationsblatt anfordern. Es kostet fünf Mark und enthält unser Manifest, unsere Satzung, Hinweise auf unsere Workshops ("Wir machen uns Bilder von Gott und Göttin", "Dramatisierung der Eucharistie", "Der Sündenfall als dramatische Inszenierung des Liebesfalls" und andere) und unser Konzept für die Streitschrift "Sirene - Verführung zur lebenliebenden Religion". Adresse: Elga Sorge, Lessingstr. 1a, 35 Kassel.

Infokasten:
Der feministischen Theologin Elga Sorge, 49, wurde bereits 1987 ihr Lehrauftrag an der Gesamthochschule Kassel entzogen. Inzwischen ist die "Ketzerin" aus der evangelischen Kirche ausgetreten.
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