Archivgut Akte

Nachlass Templin, Ellen

in: Nachlass Templin, Ellen
Berlin; Ingolstadt

Weitere Informationen

Einrichtung: FFBIZ-Archiv | Berlin
In: Nachlass Templin, Ellen
Bestell-Signatur: B Rep. 500 Acc. 680 - 0
Sprache: Nicht einzuordnen
Beschreibung:
geboren am 9.7.1948 in Ingolstadt, gestorben am 20.12.2010 in Berlin-Schöneberg

Im FFBIZ eingeliefert wurde zunächst die umfangreiche Bibliothek der Verstorbenen, auf weitere Nachfragen dann auch noch schriftliche Unterlagen. Nach deren Bewertung entschieden wir, den umfangreichen Buchbestand in zwei Teile zu gliedern, und zwar in zu kassierende und der FFBIZ-Bibliothek einzugliedernde Werke. Der archivierte Buchbestand spiegelt das Leben von Ellen Templin inklusive der von ihr erfahrenen Gewalt in der Familie deutlich wider.
Die kassierten Bücher wurden in eine alphabetische Liste aufgenommen, die dem Nachlass beigefügt wurde. Die übrigen Werke wurden in die Objektart "Bibliothek" der Beständedatenbank aufgenommen, vor allem deshalb, weil sie den Bestand zu Prostitution, besonders aber zu Gewalt gegen Frauen und sexuellem Missbrauch an Mädchen sinnvoll ergänzen.

Ellen Liesbeth Templin wurde am 9.7.1948 in Ingolstadt geboren, wo sie auch aufwuchs. Nach jahrelangem Missbrauch durch ihren Vater, zog sie als junge Frau nach Berlin und brach sämtlichen Kontakt zu ihrer Familie ab. Sie arbeitete zuerst als Industriekauffrau und bekam erst durch eine Kollegin Einblick ins Prostitutionsgeschäft, vor allem in den SM-Bereich. Sie ergriff die Chance, schnell Geld zu verdienen, merkte aber nach kurzer Zeit, dass die Macht, die sie im SM-Studio über Männer hatte, im Grunde genommen keine ist. Sie sieht sich und alle anderen Prostituierten als Opfer von Männern. Wenn sie darauf angesprochen wurde, wie lange sie in dieser Branche arbeitete, antwortete sie: "Seit ich vier bin." In diesem Alter begann der Missbrauch durch den Vater.

Sie war eine politisch sehr engagierte Frau, die nicht im Opferstatus verharrte, sondern ihre eigenen Erfahrungen für den Kampf gegen das deutsche "Prostitutionsgesetz" einbrachte und für eine Kondompflicht in der Prostitution kämpfte. Für Ellen Templin war das schwedische "Prostitutionsgesetz", welches Prostitution verbietet, die bessere Lösung. Templin hat sehr explizite Meinungen nicht nur zur Prostitution, sondern auch zum sog. "Prostitutionsgesetz" (Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 1. Januar 2002 (BGBl. I 2001, S. 3983). Schon in der Ersten Frauenbewegung gab es eine Vielzahl von differenten Positionen zum Thema. 1973 schrieb Kate Millet in: The Prostitute Papers, New York S. 93, dass die Prostitution "paradigmatic, somehow the very core of the female`s condition" sei. "It not only declares her subjection right in the open… but the very act of prostitution is itself a declaration of our value… It is not sex the prostitute is really made to sell: it is degradation."
Wir selber teilen dagegen die Ansicht der Australischen Regierung zur Convention der Vereinten Nationen für die Unterdrückung des Menschenhandels und der Ausbeutung von Prostitution von Anderen von 1949, in der es heißt:
"... several of its provisions have the indirect effect of making the practice of prostitution illegal… the provisions also blur the distinction between voluntary and coerced prostitution. To consider voluntary sex work and coercive prostitution the same issue, and therefore demand the outlaw of prostitution as the same issue, is to view prostitution as a moral issue and to consider sex workers as people unable to make informed decisions on their life. Such a view is paternalistic and raises serious human rights implications. Further, criminalization of the voluntary sex industry fosters conditions of violence against women sex workers. It facilitates the underground sex industry, leaving women with little or no legal redress for abuse experienced during work and militates against such workers seeking police intervention in abusive situations. In terms of industrial matters, criminalization of voluntary prostitution also creates the conditions for women to be exploited in terms of pay and conditions by employers as industrial regulation is prohibited. This is particularly critical in relation to occupational health and safety laws, particularly given the danger of sexually transmitted diseases." (nach: htttp://www.un.org/documents/ga/docs/51/plenary/a51-309.htm, Abruf am 03.05.2011)

Ellen Templin verstarb am 20.12.2010 in Berlin Schöneberg in Folge ihrer Diabeteserkrankung. Aus dem Nachlass geht hervor, dass Templin verheiratet war, nicht aber mit wem, über welchen Zeitraum oder Genaueres über den Beziehungsverlauf.
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