Archivgut Akte

0. Vorwort

in: B 6 - Sport- und Bewegungsverein für Frauen und Mädchen e.V.

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Einrichtung: baf e.V. | Tübingen
In: B 6 - Sport- und Bewegungsverein für Frauen und Mädchen e.V.
Körperschaft: Sport- und Bewegungsverein für Frauen und Mädchen e.V.
Bestell-Signatur: SBV 00
Sprache: Nicht einzuordnen
Beschreibung:
Auf Initiative der Sportpädagoginnen Ulrike Sammet und Jutta Konzelmann trafen sich am 15. September 1994 im Nebenzimmer des Tübinger Frauencafés im Epplehaus sieben Frau-en, um nach dem Vereinsrecht den Sport- und Bewegungsverein für Frauen und Mädchen zu gründen (SBV 01). Er sollte für Frauen und Mädchen jeglicher (Un-)Beweglichkeit einen Raum bieten, außerhalb des "herrschenden Sportverständnisses" und dessen Strukturen ei-gene Wege der körperlichen Bewegung zu entdecken. Ohne Leistungsdruck und "(Wett-) Kampf" wollten die Initiatorinnen Möglichkeiten schaffen, um "gemeinsam zu sporteln und sich zu bewegen, wie es uns nach unseren eigenen Maßstäben Spaß macht und wie wir uns mit unserem Körper lustvoll erleben können" (ebd.). Dazu hielten sie ein breites halbjährlich wechselndes Kursangebot bereit (BAF-Graue Literatur Ba-Wü, BW 375) mit Selbstverteidi-gung, Körpererfahrung, Krafttraining, Qi Gong, Yoga, Akrobatik, Bewegungstheater, Kajak, Kreistänzen, Lauftreff, Tennis, mit Ballsportspielen und Kursen für Wiedereinsteigerinnen.

Die Kurse fanden in den ersten Jahren ausschließlich in angemieteten Privat-Räumen, im Sportinstitut der Universität oder im Freien statt. Erst ab 1997 konnten mit einem Tennisplatz in der Sportanlage Holderfeld und mit der kleinen Turnhalle im Wildermuth-Gymnasium städ-tische Räumlichkeiten für die Kurse genutzt werden. Das hier angebotene "Ballsportspielen" fand sofort guten Zulauf.

Das Kursprogramm war vielfältig. Es wurde teilweise durch die Krankenkassen bezuschusst. Dennoch wurde es insgesamt nicht ausreichend angenommen. Dadurch war der finanzielle Rahmen, geschaffen über Mitgliedsbeiträge und Kursgebühren, zu gering, um neben den Raummieten auch angemessene Honorare für die Kursleiterinnen auszahlen zu können. Auch Versuche, den Verein über ABM und über das Förderprogramm Frauenforschung der Landesregierung auf eine solide Basis zu stellen, blieben erfolglos (SBV 02). Das bewog die beiden damaligen Vorsitzenden Elke Seiler und Jutta Konzelmann deshalb im Herbst 1998, einen "Offenen Gesprächsabend" anzuberaumen. Alle "bisherigen Kursteilnehmerinnen und andere interessierte Frauen" waren eingeladen, "Rückschau" zu halten auf "feministische Sport- und Bewegungskultur". Die daraus erhofften Impulse für ein "neues Profil" des Vereins blieben aus. Ein Jahr später wurde der Verein aufgelöst.



Der Nachlass des Vereins ist klein. In einem Leitzordner war alles enthalten, was als nötig galt. Seine Ordnung wurde belassen, nur wurden die Geschäftsführung und die Förderanträ-ge auf zwei Akteneinheiten verteilt. Die Organisation des Vereins ist daraus nur teilweise zu erschließen. Wesentlich wurden seine Aktivitäten von den beiden Vorsitzenden Ulrike Sam-met und Jutta Konzelmann bestimmt. Sie mieteten die Räume, sprachen mit möglichen Kurs-leiterinnen über deren Konzepte, boten Kurse an und machten die Öffentlichkeitsarbeit. Zur jährlichen Mitfrauenversammlung kamen nur Wenige. Die Versammlung sollte vermutlich vor allem dem Vereinsrecht Genüge tun.

Wie die Vereinsfinanzen verwaltet wurden, ist im Bestand nicht dokumentiert. Interessierte konnten über monatliche Beiträge von 10 DM die Fördermitgliedschaft des Vereins erwerben. Waren sie gleichzeitig auch Kursteilnehmerinnen, bekamen sie einen Nachlass auf die Kurs-gebühren. Mitglieder- oder Teilnehmerinnenzahlen sind nicht überliefert. Von den Mitgliedsbei-trägen und Kursgebühren wurden wohl die Honorare und die Raummieten bestritten. Private Darlehen glichen die Fehlbeträge aus.



In seiner Kürze und Knappheit weist das Schriftgut des Sport- und Bewegungsvereins für Frauen und Mädchen e.V. dennoch über sich hinaus. Es steht beispielhaft für den Versuch, in den 1990er Jahren über eine Vereinsgründung ein innovatives feministisches Projekt zu ver-wirklichen. Die Existenz eines Vereins war wichtig, um öffentliche Räume anmieten zu kön-nen. Darüber hinaus bot er für die Macherinnen jedoch keinen konstruktiven Rahmen, da die Kurse explizit nicht über das unbezahlte Ehrenamt organisiert, sondern über bezahlte Arbeits-plätze geschaffen werden sollten. Die Initiatorinnen gingen mit Mut zur Eigenständigkeit und mit unkonventionellen Ideen daran, ihre Utopien zu verwirklichen. Doch der Mangel an geeig-neten Räumen und an einem soliden finanziellen Polster beendete das Projekt nach einigen Jahren wieder.



Weiteres Archivmaterial:



- A 1, BAF-Graue Literatur Ba-Wü, BW 375



Gesa Ingendahl, November 2005
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Standort

baf e.V., Bildungszentrum und Archiv zur Frauengeschichte Baden-Württembergs

Rümelinstr. 2
72070 Tübingen
Telefon: +49 (0)7071 36 93 49
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Do 16.00 - 19.00 Uhr
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