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Nachlass Seeland, Suzanne

in: Nachlass Seeland, Suzanne

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Einrichtung: FFBIZ-Archiv | Berlin
In: Nachlass Seeland, Suzanne
Bestell-Signatur: B Rep. 500 Acc. 45 - 0
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
Suzanne Seeland (1943-2009) wurde am 8. Dezember 1943 in Neustadt/Weinstrasse, in der Nähe der französischen Grenze geboren. Die deutsch-französische Aussöhnung war nach ihrer wiederholten Aussage bedeutend für ihre Kindheit und Jugend. Zeitlebens interessierten sie Beziehungen von Menschen verschiedener Nationen.

Nach dem Abitur 1962 studierte sie Politikwissenschaften und Soziologie in Frankfurt und Berlin. Während ihres Aufenthalts in Frankfurt absolvierte sie zugleich ein Jahrestraining als Journalistin beim Hessischen Rundfunk. 1967 erhielt sie ihr Diplom in Politikwissenschaften und arbeitete danach in der Abteilung für Ostpolitik beim RIAS-Radio in Berlin.

1966 heiratete sie. Ihr Ehemann ist Jurist und Politikwissenschaftler, später Professor für Arbeitsrecht. 1967 wird ihr erstes Kind, die Tochter Alexandra, geboren. Wegen großem Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen verläßt Seeland ihre Tätigkeit beim RIAS bereits nach ½ Jahr und beginnt als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen und Radios zu arbeiten.
Als Alexandra ungefähr 2 Jahre alt war, organisierte Seeland zusammen mit FreundInnen eine der ersten Eikitas ("i.e. parents` self-help-groups for child care which also served as a forum of parents`discussions of pedagogical problems and especially of the situation of women involved)". Auf dem Hintergrund ihrer Erfahrungen als erwerbstätige Mutter und Engagierte in der Eikita spezialisierte sie sich auf Ausbildung und Berufsausbildung von Frauen und ihre Arbeitsmarktlage. Von 1969 bis 1985 belieferte sie wöchentlich die Frauenseite im Tagesspiegel mit Beiträgen. Als deren verantwortliche Redakteurin unter fragwürdigen Gründen entlassen wurde, stellte Seeland ihre Arbeit für den Tagesspiegel aus Protest ein.

Seit 1978 arbeitete sie neben ihrer Tätigkeit als Journalistin der Redaktion "Zeitpunkte" beim SFB Berlin für CEDEFOPs Frauenprojekte als Beraterin und als Autorin vieler Seminarberichte sowie einer Zusammenstellung von neun Länderberichten über innovative Ausbildung für Frauen in der Europäischen Gemeinschaft. Beide Anteile ihrer Arbeit beeinflußten sich gegenseitig und boten Anlass für Netzwerkbildung unter Frauen in verschiedenen Handlungsfeldern. Die Erfahrungen aus anderen Ländern inspirierten Suzanne Seeland für die Anregung diverser Initiativen und Programme in Berlin. So organisierte sie 1981 eine Konferenz von Hausbesetzerinnen in der Technischen Universität. Von November 1983 bis Februar 1984 erhielt sie ein Stipendium des German Marshall Fund Equal Employment Opportunity und absolvierte ein Training beim Western Public Radio (San Francisco) sowie beim Working Woman Magazin in New York. In den Jahren 1984 und 1985 evaluierte sie die CEDEFOP-Programme in ihren Auswirkungen auf die Politiken verschiedener Länder, benannte Pilotprojekte, initierte verschiedene Seminare und pflegte den Kontakt zu Medien. Anschließend entwickelte sie bis 1987 verschiedene Ausbildungsprogramme für Chancengleichheit und zur Einrichtung von Kleinunternehmen durch Frauen.
Im September 1988 sowie im April und Mai 1989 evaluierte sie im Auftrag der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) auf der Insel Mauritius den Bedarf von Frauen in der Freihandelszone und einen Aktionsplan zur Beförderung der beruflichen Ausbildung von Frauen nach einer Forderung des Ministeriums für Arbeit und Industrielle Beziehungen, Frauen- und Familienrechte. Dazu erstellte sie drei Vorschläge, u.a. zur Einrichtung von begleitenden Kinderkrippen, Wäschereien und Kantinen für eine Geberkonferenz im Januar 1990. Im November/Dezember 1989 untersuchte sie in Tunesien die beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen und entwickelte Vorschläge für deren Verbesserung. 1990 resultierten ihre Untersuchungen der beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen in einer Handreichung für transnationale Kooperation. Als Initiatorin und Teilhaberin von athene Berlin "consulting firm for vocational training and labour market research, focusing on women" blieb sie trotz ihrer Brustkrebserkrankung äußerst aktiv. Seit 1991 war sie beauftragt mit der Bilanzierung des CEDEFOP-Programms "Chancengleichheit und Berufsbildung" sowie mit der Evaluierung der deutschen und dänischen Projekte, die durch den Europäischen Sozialfonds kofinanziert wurden. In den 1990er Jahren traten zu diesen Beschäftigungen weitere Verträge mit dem Berliner Senat, der Landesagentur für Struktur und Arbeit, LASA GMBH (Brandenburg) und IFAPLAN-EUROPS. Seit 2001 war Seeland im European Office for Programme Support (Europs) in Brüssel tätig und entwickelte eine interaktive CD ROM zu Unternehmerinnen, Policy Briefs zu Good Practices im Equal Programm sowie Erfolgsgeschichten und Fallstudien.

Neben ihren beruflichen und familären Pflichten war Suzanne Seeland ein aktives Mitglied des Berliner Frauenbunds 1945, wo sie sich besonders für erwerbslose Frauen engagierte. Sie gehörte dem Europäischen Netzwerk Iris und der deutschen Journalistenvereinigung an, ebenso wie dem deutschen Journalistinnenbund. Bis 1988 war sie Auswahlmitglied für Projekte des Deutschen Marshall Fonds. In der 2. Hälfte der 1990er Jahre war sie für die Firma athene Berlin auch Mitglied des European Network "Women in Decision-Making". Sie engagierte sich außerdem als Mitglied des Vorstands des ersten Geburtshauses in Berlin und für die Einrichtung eines türkischspachigen Frauen-Radioprogramms.

Susanne Seeland starb am 14. Januar 2009 nach langjähriger Krankheit. Da sie den Wunsch geäußert hatte, ihre zahlreichen Materialien an ein Frauenarchiv zu geben, nahm ihre Tochter Alexandra, Kontakt zum FFBIZ auf. Nach vertraglicher Regelung mit Seelands Ehemann und ihrer Tochter Alexandra kamen alle Papiere, gut 250 Tonbandaufnahmen, einige Plakate und ein Hochstamm-Rosenstock an das FFBIZ.
Die Tonbandaufnahmen ließ das FFBIZ bereits 2009 digitalisieren, damit sie inhaltlich bestimmt und den erschlossenen Materialien zugeordnet werden konnten. Der Rosenstock erfror leider im besonders kalten Winter trotz vorgenommener Schutzmaßnahmen. Etliche Doubletten von Manuskripten, besonders aber von EU-Dokumenten wurden während der Erschliessung kassiert.

Der Nachlass ist für mehrere Fragestellungen besonders interessant. Seelands Leben zeigt beispielhaft die von der Neuen Frauenbewegung proklamierte Politikbezogenheit des alltäglichen Lebens auf ebenso wie die Schwierigkeiten erwerbstätiger, alleinerziehender Mütter mit der völlig unzureichenden Kleinkinderbetreuung. Als Journalistin kommentierte Seeland die Projekte-Gründung der Neuen Frauenbewegung ab etwa 1975 und spiegelte umgekehrt mit ihren Interessen wie z.B. dem Streit um den Paragraphen 218 STGB oder matrilinearen Restkulturen auf Mauritius, der Frauenfriedensbewegung und der Gründung eigener Beschäftigungspositionen aus der Erwerbslosigkeit heraus sowie dem Problem der mangelnden Repräsentanz von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Führungspositionen Themen, mit denen sich die neue Frauenbewegung in ihren verschiedenen Phasen besonders heftig auseinandersetzte.
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